Erstens dauert’s länger und zweitens als man denkt
Zu besagter Prognose von 243M€ für 2016 steht auf S. 36:
- Revenues from products under development … 163 (4)
… (4) assumes MB and SIC are licensed in 2015 and Rifamycin is licensed in US in 2016
Für mich sieht das aus als habe sich die Marketingabteilung mit ihrer rosaroten Brille gegenüber den Entwicklern durchgesetzt. Dieses Machtspielchen habe ich vor 35 Jahren erstmals beobachten dürfen.
Falls so geschehen, hat sich das Management in diesem Punkt zwar intern über den Tisch ziehen lassen, oder sich selbst gezogen falls es am Marketing beteiligt ist, aber es war immerhin so clever, dass es die Fussnote Nr. (4) in die Prognosen einbezogen hat … 243 - 168 = 75M€ … womit wir wieder in etwa bei Schusters Leisten sind - Grosso Modo ohne das MB-Produkteportfolio, das nicht tot ist, sondern verzögert. Entwicklung lässt sich nunmal nicht so planen, wie es viele Leute gerne hätten.
Es ist somit kein Produkteproblem, sondern wie so oft an der Börse ein Timingproblem: Statt 2015 haben wir 2017 und wir warten immer noch auf die MB-MMX-Zulassung. Klar könnte die Konkurrenz eines Tages mit besseren Produkten am Markt auftreten, aber davon sehen wir weit und breit nichts und sie müsste trotzdem erstmals den ganzen Zulassungsparcours durchlaufen. Kommt dazu, dass COPN die Wahl deshalb getroffen hat, weil die Branche diesen Medizinalbereich sträflich vernachlässigt hat. Also müsste jeder Konkurrent zunächst Aufbauarbeit in Angriff nehmen. Gemessen an der Antibiotika-Lücke - weil es sich nicht gelohnt hat - könnten locker 10-20 Jahre vergehen, bis erste Kandidaten auftauchen.
Ich bin zwar ein Befürworter konservativen Managements, ich halte es auch nicht für einen Nachteil, langsamer zu entscheiden als die Konkurrenz - siehe politisches Modell Schweiz - aber was ich dem Management zumindest vorhalte ist ein gewisse Neigung zu einen Zickzack-Kurs. Ich kann mich noch gut erinnern, als man vor Jahren urteilte, es sei ein Vorteil für COPN weil zu teuer, wenn man in den US keinen eigenen Vertriebskanal aufbaut. Jetzt, da man mehrmals mit Vertriebspartnern ins Gehege gekommen ist, baut man endlich Aries auf - UND ICH HOFFE, die ziehen das ohne wenn und aber durch. In dieser Branche weiss man nie, wer wen als nächstes frisst, ergo weiss man auch nie, in wessen Händen ein Vertriebsvertrag als nächstes landet.
Ich schätze @nostradamus wirklich sehr und deshalb hat er auch mein Like bekommen, aber Valeants Interesse an hohen Cash-Flows greift meines Erachtens ebenfalls zu kurz. Wollen und Können sind 2 verschiedene Paar Schuhe. Nach einem fast kranken Wachstum durch Zukäufe ist diese Firma mit hoher Wahrscheinlichkeit nur begrenzt fähig, die Schieflage mit einer soliden Firmenkultur resp. Know-How abzufedern. Bekanntlich gehen die besten Leute zuerst und nehmen ihr Netzwerk mit, wohin auch immer. Ausserdem sieht sich Valeant mit dem Damoklesschwert staatlich verordneter Preiserosion bedroht, wodurch insbesondere die teuersten Mitarbeiter - Verkäufer - in Frage gestellt wären wären.
Wenn COPN tatsächlich ehemalige Verkaufsteams abgeworben hat um sie in Aries zu integrieren, erklärt das zumindest teilweise, warum die Ucerisumsätze enttäuschen. Aber es erklärt nicht Valeants grundsätzliches Liquiditätsproblem, das wiederum auf die Sparschraube drückt, die wiederum die Mitarbeiter entweder direkt betrifft oder verunsichert etc. etc.
So, verehrter @rogueT, ich hoffe hiermit den Eindruck zu erwecken, dass ich kein COPN-Sektierer
bin, sondern es aus meiner Sicht bislang keinen Grund gibt, meinen vor Jahren gefällten Investitionsentscheid umzustürzen.
Andererseits, unter dem Gesichtspunkt, sich nie in eine Aktie zu verlieben, hätte ich nunmehr 3 Jahre Zeit gehabt zu verkaufen. Aber ich habe es aus rationalen Gründen nicht getan, weil COPN unter dem Strich eine der solidesten Aktien ist, die ich kenne und wer meint, mit Protalix oder einem anderen Investment besser zu fahren, dem wünsche ich natürlich viel Glück.
Grüsse
kosh
PS: Man tut was man kann und man kann was man tut.